Obdachlosenhilfe Harburg-Huus: „Wir arbeiten am Limit“
Obdachlosenhilfe-Projektleiter Thorben Goebel-Hansen und Sozialhelferin Sara-Maria Unverzagt erzählen, wie sie den Betrieb vom „Harburg-Huus" derzeit aufrechterhalten und wie man obdachlosen Menschen in der eigenen Nachbarschaft helfen kann.
Das Harburg-Huus ist einer Tagesaufenthalts- und Übernachtungsstätte des DRK-Kreisverbandes Hamburg-Harburg. Das Harburger Rote Kreuz möchte mit diesem Angebot die Not und Hilfebedürftigkeit von obdachlosen Menschen in Harburg kurzfristig lindern – und langfristig beheben. Die Einrichtung bietet tagsüber eine Aufenthaltsmöglichkeit mit bedarfsgerechten Angeboten an sozialen Hilfeleistungen in Form von Obdach, Verpflegung, Hygieneleistungen, medizinischer Grundversorgung, Freizeitangeboten, sozialen Kontakten und einer niedrigschwelligen Sozialberatung. In den Abend- und Nachtstunden finden obdachlose Menschen hier einen Schutzraum und Schlafmöglichkeiten – bei Bedarf auch zusammen mit ihren Hunden.
Wir unterstützen das Harburg-Huus mit 94.000 Euro.
Deutsche Fernsehlotterie: Wie ist euer Projekt von der Corona-Pandemie betroffen?
Thorben: Die Corona-Pandemie ist auch für das Harburg-Huus und die DRK-Obdachlosenhilfe eine besondere Herausforderung. In unserer täglichen Arbeit bedeutet das konkret, dass wir Schutzmaßnahmen vornehmen mussten, um unseren Betrieb aufrechterhalten zu können. Das bedeutet zum Beispiel, dass wir auf Direktkontakte verzichten, wir achten noch mehr als sonst darauf, Abstände einzuhalten, wir haben unsere Hygienemaßnahmen drastisch verschärft. Das betrifft dann im täglichen Betrieb die Sozialberatung, die Kleiderausgabe, die Verpflegung und ganz besonders auch unser Freizeitangebot, was aktuell komplett pausiert. Wir mussten unser Personal reduzieren, im Regelbetrieb arbeiten 33 Engagierte im Harburg-Huus. Dadurch, dass wir sämtliche ehrenamtliche Helferinnen und Helfer, alle FSJler und alle Praktikantinnen und Praktikanten gebeten haben, nicht ins Harburg-Huus zu kommen, um das Risiko einer Ansteckung zu minimieren, arbeiten wir jetzt noch mit zehn Kolleginnen und Kollegen im Drei-Schicht-Betrieb. Das ist schon eine arge Herausforderung und für uns eine besondere Situation, der wir aber alle mit viel Verständnis, gegenseitiger Rücksichtnahme aber auch mit gegenseitiger Unterstützung begegnen.


Foto: Thorben Goebel-Hansen, Projektleiter Obdachlosenhilfe, und Sara-Maria Unverzagt, Sozialhelferin (Screenshot)
Deutsche Fernsehlotterie: Vor welchen Herausforderungen steht ihr aktuell?
Sara-Maria: Die nächsten Tage und Wochen werden bei uns im Harburg-Huus recht schwierig werden. Im Moment steigt die Anfrage auf unsere Angebote drastisch an. Vor allen Dingen Hygieneangebote, unsere Kleiderspenden und unsere Nahrungsmittelausgabe. Das liegt vor allem daran, dass viele Einrichtungen, die hier in Hamburg für obdachlose Menschen arbeiten, auf Sparflamme laufen oder ganz schließen mussten. Wir versuchen das hier so weit es geht aufzufangen.
Thorben: Wir sind weiterhin im Notbetrieb für unsere obdachlosen Gäste da. Es läuft gut, es wird aber Tag für Tag schwerer für uns und wir arbeiten hier wirklich am Limit.
Deutsche Fernsehlotterie: (Wie) könnt ihr auf die aktuelle Situation reagieren?
Thorben: Es gehört für uns beim Deutschen Roten Kreuz zur täglichen Arbeit, dass wir in Krisensituation, und seien sie noch so tragisch, zum Beispiel jetzt zu Zeiten der Corona-Pandemie, stets das Positive herausarbeiten und eine Perspektive entwickeln. Ganz konkret für die Arbeit im Harburg-Huus bedeutet das, dass wir zum Beispiel im Bereich der digitalen Sozialberatung ein Alternativangebot für unsere obdachlosen Gäste geschaffen haben. Wir packen jeden Morgen und Abend Lunchpakete, wir packen Kleiderbeutel, Hygienebeutel, die wir kontaktlos ausgeben können. Schwierigkeit besteht sicherlich darin, den Kontakt zu Freunden und Förderern der Einrichtung zu halten, hier nutzen wir die Möglichkeiten der Social Media-Kanäle des Harburg-Huus, zum Beispiel bei Facebook und Instagram. Eine große Herausforderung besteht natürlich auch darin, weiterhin mit unseren Kolleginnen und Kollegen aus anderen Einrichtungen zusammenzuarbeiten. Hier nutzen wir die Möglichkeit des Video-Chats. Das alles gelingt uns bisher sehr gut, es ist sicherlich auch viel Improvisation dabei, aber es ist auch eine Erfahrung für die Zukunft.


Foto: Hunde von obdachlosen Menschen sind im Harburg-Huus willkommen (links); ein Schlafraum im Harburg-Huus (rechts)
Deutsche Fernsehlotterie: Wie kann man euch derzeit am besten unterstützen?
Sara-Maria: Das Harburg-Huus ist eine rein spendenbasierte Einrichtung. Wegen der Corona-Krise müssen wir derzeit zum Beispiel auf Kleiderspenden verzichten, weil wir den Direktkontakt vermeiden müssen. Dies bedeutet, dass wir zurzeit mehr denn je auf finanzielle Spenden angewiesen sind. Wenn Sie den Obdachlosen in ihrer Umgebung helfen wollen, so klären sie diese zum Beispiel über noch bestehenden Hilfsangebote in Ihrer Stadt auf. Oder wenn es in Ihrer Nachbarschaft einen Gabenzaun gibt, so füllen Sie doch Kleidung, Hygieneartikel und haltbare Lebensmittel in durchsichtige Plastikbeutel und bringen Sie diese dort an. Oder initiieren Sie selbst einen Gabenzaun.
Kennst Du Projekte für obdachlose Menschen, die auch während der Corona-Pandemie weitermachen? Erzähle uns davon!