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Ein Interview über Visionen, Autismus und wichtige Unterstützung

2018 trafen wir Jan-Frederik Metje, einen jungen Gründer, der das Thema Autismus und das Miteinander von autistischen und nicht autistischen Menschen stärken möchte, auf dem Z2X-Festival der ZEIT in Berlin. Ein Jahr später steht fest, dass wir ihn bei der Realisierung seiner Vision mit einer Förderung unterstützen! Im Interview erzählt Jan-Frederik von seinem Projekt.

Drei Menschen im Gespräch

Deutsche Fernsehlotterie: Jan-Frederik, wir haben uns beim Z2X-Festival 2018 kennengelernt. Du hast dort Dein Projekt AUIO.tv vorgestellt und viel Zuspruch erhalten. Am Ende bist Du sogar zu einem der Publikumslieblinge gewählt worden. Was ging Dir alles durch den Kopf, als Du gemerkt hast, dass Du mit Deinem Thema so viele Menschen ansprichst?

Jan-Frederik Metje: Das ist eine sehr spannende Frage für mich. Denn ich denke ganz anders, als die meisten anderen. Ich denke nicht in Worten, sondern eher in Strukturen, Formeln und Wahrscheinlichkeiten. Deshalb ist die Frage, was mir in diesem Moment durch den Kopf ging, auch schwer zu beantworten. Es freut mich, dass das Thema damals schon auf so großes Interesse gestoßen ist. Aber ich hatte auch sofort im Kopf, dass wir im nächsten Schritt nicht mehr nur darüber sprechen wollen, wie unglaublich wichtig das Thema Autismus ist und warum, sondern dass wir dann jetzt gerne auch abliefern würden. Im letzten Jahr stand ja zunächst nur die Idee.

Über AUIO.tv

Das Team hinter der Online-Plattform AUIO.tv möchte das Thema Autismus emotional erfahrbar machen. Die interaktiven Medieninhalte der Plattform richten sich an autistische Menschen, die hier eine erste Hilfestellung erhalten, wenn es darum geht, die verschiedenen Lebensbereiche aktiv selbst zu gestalten. Gleichzeitig werden auch nicht-autistische Menschen von dem Angebot angesprochen – und durch die Auseinandersetzung mit dem Thema Autismus befähigt, einen besseren Umgang mit der eigenen Wahrnehmung zu erlangen und auf die besonderen Bedürfnisse von Menschen im Autismus-Spektrum zu achten.

Deutsche Fernsehlotterie: Ein Jahr ist vergangen, seit wir uns zum ersten Mal getroffen haben. Jetzt treffen wir uns auf dem Z2X-Festival 2019 wieder. Seitdem ist viel passiert. Was hat sich für Dich und Dein Projekt verändert?

Jan-Frederik Metje: Da muss ich kurz ein bisschen weiter ausholen. Als ich das Projekt begonnen habe, wusste ich, dass es eine große Herausforderung wird und dass mir viele Fähigkeiten fehlen, um das Projekt umzusetzen. Ich wusste, dass ich das auf keinen Fall allein machen kann. Wir haben einige Freiwillige ins Boot holen können, trotzdem sind wir am Anfang noch sehr vorwärts gestolpert. Die vielen Lernerfahrungen auf dem Weg haben uns einen hervorragenden Überblick und Kontakte zu wundervollen Menschen verschafft.

Die komplexen Inhalte rund um das Thema Autismus in ansprechender Weise zu verpacken, fordert aber eine besonders intensive Auseinandersetzung und Fachleute aus ganz unterschiedlichen Disziplinen. Schließlich wollen wir auch diejenigen erreichen, die sich nicht sowieso schon mit dem Thema beschäftigen.

Jetzt bin ich sehr dankbar, dass wir durch die Förderung von der Stiftung Deutsches Hilfswerk die Möglichkeit bekommen, die richtigen Leute einzustellen, die daran intensiv weiterarbeiten können. Und die das, was da seit etwa drei Jahren in meinem Kopf als Konzept heranreift, noch viel, viel schöner und bunter gestalten können, als ich es mir jemals hätte ausmalen können. Und dass das Projekt dann jetzt auch tatsächlich realisiert wird und Menschen helfen kann.

Deutsche Fernsehlotterie: Was interessiert die Menschen zum Thema Autismus?

Jan-Frederik Metje: Vor allem die unglaubliche Vielfalt im Autismus-Spektrum. Diese möchten wir gern abdecken. Und wir möchten auch den größeren Kontext miteinbeziehen: Autismus als Teil von neurologischer Vielfalt. Es gibt Themen wie Hochbegabung, ADHS, Lernschwierigkeiten und andere, von denen wir alle unterschiedlich betroffen sind. Wir haben auch alle eine ganz konkrete Wahrnehmung, die sich von der Wahrnehmung anderer Menschen mehr oder weniger unterscheidet. Das alles hat Auswirkungen darauf, wie wir die Welt sehen und wie wir uns in der Welt orientieren. Es ist eine große Bereicherung, Zeit mit Menschen zu verbringen, die eine andere Wahrnehmung haben. Deshalb ist es wichtig beim Thema Autismus auch diejenigen mit einzubeziehen, die denken, dass sie damit eigentlich nichts zu tun haben.

Deutsche Fernsehlotterie: Wir freuen uns sehr, dass aus dieser ersten Begegnung eine Förderung entstanden ist und wir mit 230.000 Euro dabei helfen können, das Projekt AUIO.tv umzusetzen. Wofür wird die Förderung nun konkret eingesetzt?

Jan-Frederik Metje: Wir wollen Online-Kurse produzieren, genau genommen zwei Stück – einen für autistische und einen für nicht autistische Menschen. Darin möchten wir Autismus-Grundlagen vermitteln und einen groben Überblick über neurologische Vielfalt überhaupt geben. In diesen Kursen werden wir richtig coole Dinge einsetzen, wie Erklärvideos, Kurzfilme und Serious Games (digitale Spiele, die neben dem Unterhaltungsaspekt insbesondere einen Lernaspekt verfolgen; Anm. d. Red.). Mit welchen Pinseln wir da genau unsere Leinwand bemalen wollen, müssen wir noch herausfinden. Das können auch Point-and-Click-Adventures oder Quizze sein – also einfach interaktive Dinge, die emotional bewegen und auch gestalterisch so aufbereitet sind, dass sich viele Menschen davon angesprochen fühlen. Wir werden auch viel mit fiktiven Charakteren arbeiten, um anonym Geschichten erzählen und gleichzeitig die Vielfalt spürbar machen zu können.

Deutsche Fernsehlotterie: In diesem Jahr sind wieder viele Menschen mit visionären Ideen beim Z2X-Festival dabei. Was kannst Du ihnen raten?

Jan-Frederik Metje: Das Einzige, wozu ich mich berufen fühle, ist zu sagen, dass wahrscheinlich sehr viele Ratschläge auf junge Gründerinnen und Gründer einprasseln werden. Viele Leute haben viele Ideen, wie die Dinge besser funktionieren können. Da ist es wichtig, die Einzigartigkeit eines Projektes ernst zu nehmen und einzusehen, dass die Herausforderungen, die dieses Projekt hat, vielleicht anders sind, als die Herausforderungen, die die Person hat, die einem da gerade den Ratschlag gibt. Es ist wichtig, sich nicht zu verrückt machen zu lassen.

Hilfe zur Selbsthilfe

Autorin

Katharina Hofmann

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1 Kommentar

Apperger, Jürgen (59) – 23.09.2019, 16:53 Uhr

Lieber Herr Metje, schön dass es noch Menschen wie Sie gibt, die sich auch engagieren und etwas auf die Beine stellen können. Ich biete Ihnen meine Mithilfe an, ich habe Erfahrung in Unternehmensgründung und in Betreuung der ersten Schritte.

Antworten
Apperger (Jürgen) – 09.11.2019, 15:11 Uhr

hiermit ziehe ich mein Angebot zurück