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Blühende Nachbarschaft: So gründet ihr einen Gemeinschaftsgarten

Bei „Netzwerk Nachbarschaft“ tauschen sich Nachbarschaftsinitiativen aus ganz Deutschland aus. Gleichzeitig gibt die Online-Plattform Tipps für die Etablierung familienfreundlicher, generationenübergreifender und interkultureller Projekte im Viertel – wie etwa Gemeinschaftsgärten. Im Rahmen unserer Themenwoche „Gärten – Wo Menschen aufblühen“ verrät Netzwerk Nachbarschaft-Gründerin Erdtrud Mühlens, welche positiven Effekte ein gemeinschaftliches Gartenprojekt mit sich bringt und wie Nachbarinnen und Nachbarn eine „grüne Oase für alle“ im eigenen Viertel aufbauen können.

Deutsche Fernsehlotterie: Was sind die (insbesondere sozialen) Vorteile und Effekte, die ein Gemeinschaftsgarten mit sich bringt?

Erdtrud Mühlens: Wer sät, erntet Gutes – auch menschlich gesehen. Das wollen immer mehr Menschen. Selbstgärtnern liegt im Trend. Das zeigen unsere Umfragen und die vielen Projekte, die wir in unserem bundesweiten Aktionsbündnis für Nachbarschaftsinitiativen vorstellen. Die aktiven Nachbarinnen und Nachbarn machen die Erfahrung, dass sie in Gemeinschaft mit anderen in mehrfacher Hinsicht gewinnen, das gilt auch für Gartenprojekte. Ideen zusammen entwickeln, umsetzen und Neues wachsen lassen – das verbindet Menschen. Da packen Alt und Jung, Groß und Klein gemeinsam an, alle können sich einbringen und voneinander lernen. Herkunft oder Einkommen spielen da keine Rolle. Gemeinsames Gärtnern stärkt das Miteinander in der Nachbarschaft, das spiegelt sich auch positiv im Alltag wider. Das gemeinsame Bewirtschaften im Sinne der Sharing-Kultur hat aber auch einen wirtschaftlichen Nutzen, denn Kräuter- oder Gemüsegärten kommen allen zugute.

Mehrere Menschen stehen in einem Garten

Deutsche Fernsehlotterie: Wie können Nachbarinnen und Nachbarn einen Gemeinschaftsgarten etablieren?

Erdtrud Mühlens: Wichtig ist, zunächst eine geeignete Fläche zu finden. Man findet sie zum Beispiel auf brachliegenden Grünflächen im Wohnblock, in Hinterhöfen, in der Straße oder im nahen Park. In der Hamburger Siedlung Brachvogelweg zum Beispiel haben Nachbarinnnen und Nachbarn den Innenhof in einen bunten Garten und eine Grünoase für alle umgewandelt. In vielen Kommunen gibt es zudem sogenannte Ausgleichsflächen, die für Gemeinschafsgärten genutzt werden können. Für ihren Mitmachgarten sicherten sich Nachbarinnnen und Nachbarn in Marburg-Marbach von der Stadtverwaltung pachtfrei eine Wiese, legten Parzellen an und pflanzten darauf Obst und Gemüse. Entscheidend für das Gelingen, so zeigt die Erfahrung aus vielen Initiativen, ist die Bereitschaft aktiv und dauerhaft mitzumachen und untereinander Garten-Patenschaften zu vereinbaren. Es muss Spaß machen, gemeinsam zu gärtnern. Die aktiven Nachbarinnen und Nachbarn müssen für sich und für die Gemeinschaft einen konkreten Nutzen und Vorteil ziehen können.

Deutsche Fernsehlotterie: Wie erreicht man potenzielle Mitstreiterinnen und Mitstreiter in der Nachbarschaft?

Erdtrud Mühlens: Am besten ist es, Nachbarinnen und Nachbarn direkt anzusprechen oder Zettel in Briefkästen zu verteilen. Manchmal reicht schon ein Aushang im Quartiersbüro oder ein Posting in lokalen Internetforen, um Gleichgesinnte im Viertel zusammenzubringen. Wer sich einer bestehenden Initiative anschließen möchte oder selbst eine gründen will, findet dazu auf der Plattform von Netzwerk Nachbarschaft viele Anregungen und kann sich Checklisten herunterladen, die allen Mitgliedern kostenlos zur Verfügung stehen.

Deutsche Fernsehlotterie: Wenn genug Gartenbegeisterte und eine geeignete Fläche gefunden sind, wie geht es dann weiter?

Erdtrud Mühlens: Wenn die Fläche für den Gemeinschaftsgarten gefunden und mit dem Eigentümer geregelt ist, sollte ein Gründungstreffen stattfinden, bei dem sich die Beteiligten kennenlernen und ihre jeweiligen Ideen einbringen können. Soll es eher eine wilde Wiese oder ein großes Gemüsebeet werden? Was wünschen sich die Älteren, wie viele Kinder machen mit? Auf dieser Grundlage kann dann ein Plan erstellt werden und eine Ortsbegehung stattfinden.

Zwei Frauen und mehrere Kinder sitzen um ein Beet herum und pflanzen.

Deutsche Fernsehlotterie: Was gibt es bei der Planung und Bepflanzung des Gartens zu beachten?

Erdtrud Mühlens: Je nach Nutzenschwerpunkt – Gemüse- und Kräuteranbau, Ziergarten – sollten die Abschnitte für die Bepflanzung festgelegt werden. Dabei kommen die Lagen ins Spiel: Nasch-und Duftpflanzen mögen es sonnig. Sträucher und viele Kräuter gedeihen auch im Halbschatten. Außerdem ist gemeinsam festzulegen, ob und wo ein Geräteschuppen, eine Kinderecke, Bänke und ein Tisch für alle platziert werden. Für die Ausgestaltung der einzelnen Bereiche kann sich die Gruppe aufteilen. Das Projektmanagement übernimmt am besten jemand mit Organisationstalent. Das erspart viel Zeit, die dem gemeinsamen Gestalten und Gärtnern zugutekommt!

Deutsche Fernsehlotterie: Wie kann man einen Gemeinschaftsgarten finanzieren?

Erdtrud Mühlens: In dem Finanzierungsplan sollten alle Ausgaben für den Bau und die Bepflanzung sowie die laufenden Kosten – Strom, Wasser – aufgeführt sein. Am besten wird die Summe auf alle Nachbarinnen und Nachbarn umgelegt. Um die Kosten gering zu halten, tun es auch gebrauchte Geräte, zum Beispiel Sachspenden aus dem Freundes- und Bekanntenkreis. Oder man gewinnt Sponsoren wie örtliche Baumärkte, Baumschulen oder Gärtnereien, die sich mit einer kleinen Spende für das „gemeinsame Wohl” beteiligen und als Dank werbewirksam auf einer Gartenbank Erwähnung finden.

Fördermöglichkeiten bei der Stiftung Deutsches Hilfswerk

Unsere zugehörige Stiftung Deutsches Hilfswerk fördert Projekte, die das solidarische Miteinander in Deutschland stärken. Da jeder Gemeinschaftsgarten unterschiedliche Ziele verfolgt, hängt es vom Einzelfall ab, ob solche Projekte über die Stiftung gefördert werden können. Daher empfehlen wir einen Blick auf die Webseiten der Stiftung, auf denen Fördervoraussetzungen und Kontaktmöglichkeiten zu finden sind.

Deutsche Fernsehlotterie: Braucht es einen Plan zur Pflege des Gartens – und wie stellt man diesen am besten auf?

Erdtrud Mühlens: Die Aufgaben sollten untereinander klar verteilt sein, damit nicht ein Einzelner überfordert wird. Dabei gilt es, die unterschiedlichen Talente zu nutzen. Die einen zimmern lieber Gartenmöbel oder eine Laube, während die anderen einen gemeinsamen Kräutergarten anlegen oder ein schönes Blumenbeet bepflanzen. Grillplatz bauen, Gemüsebeete anpflanzen oder eine Schaukel aufstellen: Da ist es gut zu wissen, welche Aufgaben von wem erledigt wird. Und vor allem: Wann die Einweihung in fröhlicher Runde gefeiert werden darf. Viele Garteninitiativen machen mit einem Patensystem sehr gute Erfahrungen. Da gibt es für bestimmte Gartenbereiche oder Wartungen klare Zuständigkeiten.

Eine große Gruppe an Menschen steht auf einer Wiese mit vielen bepflanzten Körben vor sich.

Deutsche Fernsehlotterie: Wie kann ein Gemeinschaftsgarten das Wir-Gefühl in der Nachbarschaft auch über die engagierten Gärtnerinnen und Gärtner hinaus stärken?

Sommerfeste, gesellige „Public Viewings”, regelmäßige Treffen, Erntedankfeste und kleine Events machen alle glücklich und fördern den Zusammenhalt in der Nachbarschaft. Das gilt natürlich auch für den gemeinsamen Kaffeeklatsch und den Grillabend an den Wochenenden.

Deutsche Fernsehlotterie: Wie gestaltet sich das Gärtnern in Gemeinschaftsgärten aus Ihrer Erfahrung heraus in Zeiten von Corona? Gibt es Alternativen?

Erdtrud Mühlens: In vielen Initiativen wechseln sich die Nachbarinnen und Nacharn jetzt beim Gärtnern ab und halten so den gebotenen Abstand zueinander. Die Dorfgemeinschaft im ostfriesischen Boekzetelerfehn zum Beispiel hat einen Einsatzplan aufgestellt, um die gemeinsame Blühwiese zu hegen und zu pflegen. So kann diese Nachbarschaftsinitiative ihr Begrünungsprojekt weiter verfolgen und auch in diesem Jahr wieder an unserem Wettbewerb „Jede Wiese zählt!“ teilnehmen!

Für eine blühende Nachbarschaft

Mit der Aktion „Jede Wiese zählt!“ ruft Netzwerk Nachbarschaft dazu auf, brachliegende Flächen im Wohnumfeld zu naturbelassenen Blühwiesen umzugestalten und so einen wertvollen Beitrag zu mehr Artenvielfalt und Klimaschutz zu leisten und das eigene Viertel aufblühen zu lassen. Unterstützt wird der bundesweite Wettbewerb u.a. von Künstler Janosch und den Sozialministerinnen und -ministern der Länder. Mehr Infos und Anmeldung unter: https://www.netzwerk-nachbarschaft.net/wettbewerbe/jede-wiese-zaehlt/

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